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Systemrelevant Podcast: Können fehlende Schulzeiten kompensiert werden?

Wie es um die Doppelbelastung der Eltern in Zeiten von Corona steht und wie man fehlende Beschulungszeiten kompensieren kann, diskutieren in der aktuellen Folge Bettina Kohlrausch und Sebastian Dullien mit Marco Herack.

[17.2.2021]

Schulschließungen und Lieferketten – was hat das eine mit dem anderen zu tun? Lieferketten werden auch belastet, wenn Menschen nicht arbeiten gehen können, weil Schulen geschlossen sind. Dass arbeitende Personen sich überhaupt trotz Kindern ihrer Arbeit widmen können, liegt auch daran, dass Schulen nicht nur Bildungseinrichtungen darstellen, sondern dort Kinder für einen gewissen Zeitraum betreut werden.

Kinderbetreuung wird bei Ökonomen als Voraussetzung gesehen, um Eltern ein Arbeitsangebot machen zu können. In früheren Zeiten wurden Kinder sich selbst überlassen oder selbst zur Arbeit geschickt, heutzutage ist dies natürlich nicht mehr akzeptabel und somit die Kinderbetreuung eine Voraussetzung für Berufs- und Erwerbstätigkeit.

Wenn diese Art der Betreuung wegfällt, wird bei vielen Ökonomen von einem negativen Arbeitsangebotsschock gesprochen: Eltern können nicht arbeiten, Güter werden nicht hergestellt – und das belastet wiederum das Bruttoinlandsprodukt.

In der aktuellen Erwerbstätigenbefragung hat die Hans-Böckler-Stiftung auch wieder nach den Gründen für die Stundenreduktion bei Arbeitnehmer:innen gefragt: Kam diese durch Kurzarbeit oder auch andere Gründe wie Kinderbetreuung zustande? Letztendlich haben gar nicht so viele Eltern wie gedacht ihre Stunden aus letztgenanntem Grund reduziert. Im Rahmen einer Debatte im Frühjahr wurde gemutmaßt, dass es sich um bis zu 8 Prozent Ausfall an Stunden aufgrund der geschlossenen Kindertagesstätten und Schulen handelt. Tatsächlich waren es 0,4 Prozent im April und sogar nur 0,2 Prozent der Arbeitsstunden im Juni, die weggefallen sind.

Aber wie haben das Eltern hinbekommen? Einerseits wahrscheinlich nur durch harte Disziplin und eine Art Schichtsystem. Früh aufzustehen und später am Abend auch noch etwas machen – zwischendrin Homeschooling und Kinderbetreuung. Weiterhin ist es meistens so, dass nicht beide Elternteile Vollzeit arbeiten. Auch durch die Kurzarbeit ergab sich wahrscheinlich noch Platz für Kinderbetreuung. Die Belastung der Eltern war so schon sehr hoch. In der Befragung waren auch durchgehend Eltern diejenigen, die sich stark belastet fühlten – am stärksten natürlich Alleinerziehende.

Der anzustrebende Idealfall zweifellos: Die Betreuung fällt nicht aus. Zieht man jetzt die Zahlen zur Homeoffice-Nutzung zu Rate, kann man sich wie Bettina Kohlrausch schon fragen: Wenn schon im November 24 Prozent wie jetzt im Januar wieder von Zuhause gearbeitet hätten, müssten wir dann aktuell vielleicht nicht mit unseren Kindern am Küchentisch sitzen und Hausaufgaben machen?

Hier stellen sich dann weitere Fragen: War die Vermeidung von Schulschließungen tatsächlich immer priorisiert und so leitend für das politische Handeln, wie behauptet worden ist? Und nicht zuletzt: Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Bildungsgerechtigkeit im Land aus? Wie kann sichergestellt werden, dass die Kinder, die am meisten verpasst haben, das Nachholen können? Wie hinbekommen, dass den Lernausfall nicht jedes Kind alleine verarbeiten muss und in Zukunft die Folgen davonträgt?

Bettina Kohlrausch und Sebastian Dullien erörtern diese Punkte und fragen sich auch, wie wohl eine gelungene Strategie für all diese Probleme aussehen könnte?

 

Zusätzliche Informationen zu dieser Folge

Working Paper "Dissecting the COVID19 supply shock: Which role did school closures play?" von Sebastian Dullien und Bettina Kohlrausch

Deutlicher Anstieg: 24 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten aktuell vorwiegend oder ausschließlich im Homeoffice

Alle Informationen zum Podcast

In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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