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Systemrelevant Folge 162 mit Sebastian Dullien zu Gewinn-Inflation Podcasts

Systemrelevant Podcast: Was bedeutet Gewinn-Inflation?

Wieso eine Gewinn-Inflation wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Teuerungsraten im vergangenen und in diesem Jahr sehr hoch waren und sind, und was genau darunter zu verstehen ist, erklärt Sebastian Dullien.

[06.10.2023]

Das IMK hat im Rahmen einer neuen Studie herausgefunden, dass die Gewinnanstiege in Deutschland ganz signifikant zu der hohen Teuerung beigetragen haben. Die Gewinne sind zuerst gestiegen und waren der auslösende Moment für die Teuerung – und danach folgten erst die Löhne. Das wäre ein empirisches Ergebnis, was erst mal so anzuerkennen sei, so IMK-Direktor Sebastian Dullien in der neuen Folge von Systemrelevant.

Auffällig waren vor allem vier Bereiche: Baugewerbe/Bau, Handel, Verkehr, Gastgewerbe sowie „Produzierendes Gewerbe ohne Bau- und Verarbeitendes Gewerbe“, zu der die Energieerzeugung gehört, und Landwirtschaft. Gemeinsam haben die vier Branchen auffällig starke Gewinnsteigerungen, bei denen die Profite in der Spitze um knapp 50 bis fast 100 Prozent gegenüber 2019 hochschnellten. Alleine die Reederei Hapag Lloyd, die dem Bereich "Handel, Verkehr und Gastgewerbe" zugehörig ist, konnte ihr betriebswirtschaftliches Konzernergebnis von üblicherweise ca. 500 Mio. Euro bis 1 Mrd. Euro in den Jahren vor der Covid-Pandemie im Jahr 2021 auf 9,4 Mrd. Euro und 2022 auf 17,5 Mrd. Euro steigern.

Die These von den impliziert koordinierten Preiserhöhungen von Unternehmen mit einer gewissen Marktmacht, für die Prof. Dr. Isabella Weber und ihr Ko-Autor Evan Wasner in den USA einige Indizien gefunden haben, stehe in Deutschland „durchaus mit den aggregierten Daten in Einklang“, schreiben die IMK-Expert*innen in der Studie.

 

Dr. Irene Becker hat in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ein angemessen hohes soziokulturelles Existenzminimum berechnet und festgestellt, dass das Niveau der Kindergrundsicherung je nach Alter der Kinder um 6 bis 30 Prozent höher sein müsste als nach der gesetzlichen Bedarfsermittlung.

Beckers Reformvorschlag sieht vor, die Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte als Bezugspunkt zu nehmen. So wäre es nach Analyse der Armutsexpertin etwa plausibel, soziokulturelle Teilhabe als gerade noch gegeben zu definieren, wenn Haushalte bei den Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen nicht mehr als 25 Prozent und bei sonstigen Bedürfnissen nicht mehr als 40 Prozent von der Mitte nach unten abweichen. Damit lebt die Referenzgruppe zwar deutlich unter der gesellschaftlichen Mitte, hätte aber noch mehr Teilhabemöglichkeiten als bei der bisherigen Berechnung, die den Kindern und damit letztlich der gesamten Gesellschaft schadet.

Moderation: Marco Herack

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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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