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Zahlreiche Menschen gehen in der Innenstadt von München an Geschäften an der Kaufingerstraße vorüber. Pressemitteilungen

Neuer Ausblick: Deutliche Belebung: IMK prognostiziert 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum für 2026, nach 0,1 Prozent 2025

17.12.2025

Nach vier Jahren Wachstumsschwäche wird sich die deutsche Konjunktur 2026 endlich deutlich beleben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nimmt im Durchschnitt des kommenden Jahres um 1,2 Prozent zu, nach einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent 2025. Hauptfaktoren für die Erholung sind die positiven Impulse der staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen sowie ein anziehender Konsum der privaten Haushalte. Das ergibt die neue Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Der Außenhandel entwickelt sich hingegen weiterhin schwach, was vor allem an den USA und an China liegt. Die US-Zölle behindern weiterhin den Export in die USA, zudem belasten sie die amerikanische und die gesamte Weltkonjunktur. Gleichzeitig wächst die globale Konkurrenz durch chinesische Unternehmen, während die Nachfrage aus China schwach bleibt. Zusätzlich bremsend wirkt die Aufwertung des Euro gegenüber Dollar und Renminbi. Da der Arbeitsmarkt zeitversetzt reagiert, bringt das anziehende Wachstum noch keine Wende bei Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote steigt 2025 auf 6,3 Prozent im Jahresmittel, 2026 verharrt sie dort. Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt nach einer Stagnation in diesem Jahr 2026 sogar geringfügig – um 0,1 Prozent. Die Inflationsrate beträgt laut IMK-Prognose 2,2 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025, im kommenden Jahr liegt sie genau beim Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent. 

Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom September 2025 reduziert das IMK die Wachstumserwartung beim BIP für dieses Jahr minimal um 0,1 Prozentpunkte. Für 2026 senken die Ökonom*innen sie leicht um 0,2 Prozentpunkte. „Der Gegenwind aus der Weltwirtschaft ist in den vergangenen Monaten nochmal stärker geworden. Und es geht dabei ganz klar weniger um klassische Nachfragezyklen oder Wettbewerbsfähigkeit als um geoökonomische Verschiebungen, die über aggressive Handels- und Industriepolitik forciert werden“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Im kommenden Jahr gewinnen dann aber die stützenden Faktoren die Oberhand. Erstmals seit der Wiedervereinigung dürfte Deutschland dann einen binnenwirtschaftlich angestoßenen Aufschwung erleben. Wichtige Faktoren sind die zu erwartende solide Lohnentwicklung, vor allem aber die politische Entscheidung, endlich den enormen öffentlichen Investitionsstau in Deutschland aufzulösen“, so Dullien. 

Im Fazit ihrer Prognose betonen die Konjunkturexpert*innen des IMK daher auch den Stellenwert der Wirtschaftspolitik. „Im Jahr 2026 schaltet die Finanzpolitik in Deutschland von fiskalischer Kontraktion auf Expansion um. Mit dem Sondervermögen Infrastruktur, beschleunigten militärischen Beschaffungen, dem Investitionssofortprogramm und dem Industriestrompreis setzt die Bundesregierung deutliche Impulse zur Belebung der deutschen Binnenkonjunktur in der Größenordnung von rund einem Prozent des BIP.“ Die aktuelle Aufhellung unterstreichen auch die neuen Werte des IMK-Konjunkturindikators: Für den Zeitraum von Dezember bis Ende Februar 2026 verzeichnet das Frühwarninstrument ein Rezessionsrisiko von 26,4 Prozent. Anfang November betrug das Risiko für die folgenden drei Monate noch 30,4 Prozent. 

Vornehmlich politischer Natur sind allerdings auch die erheblichen konjunkturellen Risiken, die die Konjunkturforscher*innen ausmachen und die dazu führen könnten, dass 2026 wirtschaftlich doch schlechter ausfällt als prognostiziert: An erster Stelle die „erratische Wirtschaftspolitik“ der US-Regierung, die das erwartete Wachstum der amerikanischen Wirtschaft von 1,8 Prozent 2026 noch deutlich reduzieren könnte – mit weiteren negativen Folgen für Welthandel und Weltwirtschaft. 

Der Bundesregierung empfehlen die Forschenden, einen klaren Kurs in der Wirtschaftspolitik zu halten und die gesetzten positiven Impulse nicht wieder zu konterkarieren, beispielsweise durch überzogene Kritik am Sozialstaat, die das Konsumklima verschlechtern könnte: „Anstatt mit weiteren Kürzungsdebatten zu verunsichern, könnten Unsicherheiten abgebaut werden und so deutlichere Impulse zur Belebung der Binnenkonjunktur gesetzt werden“, schreiben die Konjunkturfachleute des IMK. Im besten Fall sei dann 2026 sogar ein etwas stärkeres Wachstum möglich: „Gelingt es der Bundesregierung, umfangreiche öffentliche Investitionen auf den Weg zu bringen und steigt das Vertrauen der Unternehmen und der privaten Haushalte in die Wirtschaftspolitik, könnte das BIP infolge kräftigerer Investitionen und eines dynamischeren privaten Konsums stärker ansteigen als es diese Prognose widerspiegelt.“

Kerndaten der Prognose

Arbeitsmarkt

Die konjunkturelle Erholung 2026 wirkt sich noch nicht auf die durchschnittlichen Jahreswerte auf dem Arbeitsmarkt aus, die lange Rezessionsphase wirkt vorerst nach. Die Zahl der Erwerbstätigen stagniert im Jahresdurchschnitt 2025. Die Arbeitslosigkeit steigt um gut 160.000 Personen auf knapp 2,95 Millionen im Jahresmittel, die Arbeitslosenquote liegt bei 6,3 Prozent nach 6,0 Prozent 2024. Für 2026 veranschlagen die Forschenden einen minimalen Rückgang der Erwerbstätigenzahl um jahresdurchschnittlich 0,1 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt um gut 20.000 Personen, die Quote bleibt bei 6,3 Prozent. 

Weltwirtschaft und Außenhandel

Die Weltwirtschaft wächst 2025 und 2026 recht verhalten um 3,1 bzw. 2,7 Prozent. Insbesondere die Handelspolitik der USA wirkt belastend – auch auf die wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Land. Das IMK rechnet für die USA mit einem Wirtschaftswachstum von 1,9 und 1,8 Prozent – nach noch 2,8 Prozent 2024. Im Euroraum wird das BIP 2025 um 1,4 Prozent wachsen, 2026 sind es 1,3 Prozent. 

Die deutschen Exporte erhalten von wichtigen Handelspartnern nur schwache Impulse, wozu neben den US-Zöllen auch beiträgt, dass der Euro erheblich gegenüber US-Dollar und chinesischem Renminbi aufgewertet hat und dass in China gezielt Importe durch Produkte aus heimischer Herstellung ersetzt werden. Dagegen stützt die Nachfrage aus anderen EU-Ländern die deutschen Ausfuhren. Im Jahresdurchschnitt 2025 sinken die Exporte um 1,0 Prozent. 2026 wachsen die Exporte zwar wieder, allerdings lediglich um 0,9 Prozent im Jahresmittel. Die Importe legen 2025 um durchschnittlich 3,1 Prozent zu und 2026 um 2,7 Prozent. Dementsprechend ist der Beitrag des Außenhandels zum Wirtschaftswachstum in beiden Jahren deutlich negativ. Der Saldo der deutschen Leistungsbilanz wird im Prognosezeitraum spürbar sinken. Gleichwohl verzeichnet Deutschland weiterhin einen Außenhandelsüberschuss.

Investitionen

Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen laut IMK-Prognose wieder Fahrt auf, im Jahresdurchschnitt 2025 schlägt sich das aber noch nicht nieder: Hier nehmen die Investitionen sogar um 2,2 Prozent ab. Im kommenden Jahr zeigen die vermehrten staatlichen Investitionen, die zusätzlichen Ausgaben für Verteidigung und die Investitionsförderung erste Wirkung, hinzu kommt der Industriestrompreis. Im Jahresdurchschnitt 2026 legen die Ausrüstungsinvestitionen um 4,4 Prozent zu. Die Bauinvestitionen schwenken, auch in Folge steigender Infrastrukturinvestitionen, ebenfalls auf einen Erholungskurs ein, der sich allerdings auch erst 2026 deutlicher in der Statistik zeigt: Nach einem Rückgang um 1,3 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025 legen die Bauinvestitionen im kommenden Jahr um durchschnittlich 2,5 Prozent zu.

Privater und öffentlicher Konsum

Beim privaten Konsum schwindet langsam die Zurückhaltung, die 2024 trotz steigender Realeinkommen geprägt hatte. Für dieses Jahr erwartet das IMK bei weiter zunehmenden Einkommen, sinkender Inflation und seit Jahresbeginn zurückgehender Sparquote einen realen Zuwachs der privaten Konsumausgaben um 0,9 Prozent im Jahresdurchschnitt. 2026 ziehen die Ausgaben dann um real 1,0 Prozent im Jahresmittel an. Zusammen mit einem um 2,2 bzw. 2,4 Prozent wachsenden Staatskonsum und der im kommenden Jahr dynamischen Investitionstätigkeit sorgt die private Nachfrage dafür, dass die Inlandsnachfrage 2025 und 2026 das Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung bildet.

Inflation und öffentliche Finanzen

Für 2025 prognostiziert das IMK eine durchschnittliche Teuerungsrate von 2,2 Prozent im Jahresmittel. 2026 erwarten die Ökonom*innen mit 2,0 Prozent einen Wert genau bei der Zielmarke der EZB. 

Das IMK rechnet damit, dass die Steuereinnahmen 2025 moderat und die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen nach den Beitragssatzanhebungen zu Jahresbeginn kräftig steigen. Unter dem Strich wachsen die öffentlichen Einnahmen in diesem Jahr etwas stärker als die Ausgaben – auch, weil die öffentlichen Investitionen erst zum Jahresende spürbar ausgeweitet werden. Das gesamtstaatliche Defizit gemessen am BIP geht daher leicht auf 2,5 Prozent zurück nach 2,7 Prozent 2024.

Im kommenden Jahr gibt der Staat spürbar mehr Geld für Investitionen und Verteidigung aus, während u.a. der Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer, die Sonderabschreibungen für Unternehmensinvestitionen und die Anhebung der Pendlerpauschale die Einnahmeentwicklung dämpfen. Das sind die wesentlichen Gründe dafür, dass das Defizit 2026 auf 3,3 Prozent im Jahresdurchschnitt steigt. 

Kontakt

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Prof. Dr. Christian Breuer
IMK-Konjunkturexperte

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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