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Drei Fragen an Silke Tober: Abwärtsrisiken, Target 2 und die internationale Rolle des Euro

Silke Tober, Expertin für Geldpolitik im IMK, beantwortet drei Fragen zu den geldpolitischen Herausforderungen (Report 146).

War es ein Fehler, dass die EZB die Wertpapierkäufe Ende vergangenen Jahres beendet hat?

Als die Europäische Zentralbank ihre Programme für Wertpapierkäufe beendet hat, hatte sich die Abschwächung der Konjunktur noch nicht so deutlich abgezeichnet. Mittlerweile haben mehrere Zentralbanken weltweit auf die wirtschaftliche Verlangsamung reagiert und es ist sehr wahrscheinlich, dass die EZB ihre erste Zinserhöhung, die ohnehin erst für den Herbst in Aussicht gestellt wurde, weit in das Jahr 2020 verschiebt. Ein Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik liegt aus heutiger Sicht in weiter Ferne, da die Inflation immer noch deutlich unter dem Inflationsziel der EZB liegt.

Kann die EZB mehr tun?

Es ist zu erwarten, dass die EZB im Sommer ein neues langfristiges Refinanzierungsprogramm für die Banken auflegt, weil das aktuelle Programm im März kommenden Jahres ausläuft. Trübt sich die wirtschaftliche Lage weiter ein, wäre die EZB in der Lage auch stärker expansiv zu wirken, beispielsweise dadurch, dass sie fällig werdende Wertpapiere durch Wertpapiere mit sehr langer Laufzeit ersetzt. Die EZB könnte darüber hinaus die Kaufprogramme reaktivieren. Allerdings erhöhen sich mit der Dauer der Niedrigzinsphase auch die Risiken an den Finanzmärkten.
Treffsicherer als die geldpolitische Liquiditätstränke sind öffentliche Investitionen. Zwar ist die Fiskalpolitik im Euroraum noch weit davon entfernt eine stabilitätspolitische Rolle zu übernehmen, aber eigentlich müsste die Fiskalpolitik gegenwärtig das Instrument erster Wahl sein. Eine stärker expansive Fiskalpolitik wird durch die lockere Geldpolitik sogar begünstigt. Gegenwärtig sind Investoren bereit, dem deutschen Staat einen fünfjährigen Kredit zu Negativzinsen zu gewähren. Diese Chance sollte genutzt werden – nicht nur um die Binnennachfrage zu stützen, sondern um aufgeschobene Investitionen nachzuholen und den Strukturwandel hin zur Klimaneutralität voranzutreiben.

Warum hat die Bedeutung des Euro als internationale Reservewährung abgenommen?

Eine stärkere internationale Rolle des Euro wäre wirtschaftlich und politisch von Vorteil für die Euroländer. Eine Reservewährung benötigt jedoch als Basis einen breiten und liquiden Markt für risikoarme Staatsanleihen. Daran hapert es im Euroraum. Als Bremsklotz hat sich die Weigerung der Euro-Regierungen erwiesen, staatliche Schuldenschnitte auszuschließen und ein gewisses Maß an Risikoteilung zu übernehmen. Dabei ist der Verzicht auf Risikoteilung eine Illusion, da die Risikoteilung lediglich an anderer Stelle vollzogen wird, beispielsweise durch die TARGET2-Salden der nationalen Zentralbanken im Euroraum.

 


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