Quelle: Ulrich Baatz
Drei Fragen an Ulrike Stein: Rentenpaket macht Rentenversicherung auch für Jüngere attraktiver, belastet aber Bundeshaushalt
Mit dem Rentenversicherungsmodell DyReMo werden die Auswirkungen des Rentenpakets 2025 auf Beitragssatz, Sicherungsniveau, Bundeszuschuss und Renditen analysiert. Alle Generationen profitieren durch die Stabilisierung des Rentenniveaus, doch steigt die Belastung des Bundes. Dennoch bleibt der Bundesanteil an der Alterssicherung relativ zum BIP unter dem Niveau von 2003.
In der aktuellen Debatte wird oft behauptet, die Rentenreform gehe zulasten der jungen Generation. Stimmt das?
Mit dem neuen Rentenversicherungsmodell DyReMo haben wir untersucht, wie sich das Rentenpaket 2025 auf die zentralen Stellschrauben des Rentensystems – Beitragssatz, Sicherungsniveau und Bundeszuschuss – auswirkt. Unsere Analysen zeigen, dass die Effekte auf Beitragssatz und Bundeszuschüsse relativ gering und gut verkraftbar sind. Deutlich sichtbar ist jedoch, dass das Sicherungsniveau dauerhaft höher liegt als ohne das Rentenpaket.
In einem zweiten Schritt haben wir untersucht, welche Auswirkungen das Rentenpaket 2025 auf die verschiedenen Generationen hat. Es zeigt sich, dass alle Jahrgänge von der Stabilisierung des Rentenniveaus profitieren. Dies wird zum einen durch ein für alle dauerhaft höheres Sicherungsniveau deutlich, zum anderen dadurch, dass für alle Geburtsjahrgänge die zusätzlichen Rentenzahlungen die zusätzlichen Beiträge übersteigen, die sie in die Rentenversicherung einzahlen. Zudem erhöht das Rentenpaket für alle Generationen die implizite Rendite der gesetzlichen Rente.
Sind Reformen des Rentensystems notwendig?
Ja, Reformen sind notwendig. Die Stabilisierung des Rentenniveaus ist dabei ein zentraler Baustein zur dauerhaften Absicherung im Alter. Ein weiter sinkendes Rentenniveau gefährdet zukünftig nicht nur die individuelle Lebensstandardsicherung vieler Menschen, sondern erhöht auch die Altersarmut. Dadurch wären auch mehr Menschen auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. Ohne Reform würde ein Teil des Problems nur in ein anderes Sicherungssystem verlagert werden.
Welch konkreten Maßnahmen sind erforderlich, um das Rentenniveau langfristig zu sichern?
Bei einer alternden Gesellschaft und unter der Vorgabe, dass es keine nominalen Rentensenkungen geben soll, gibt es keine Spielräume die Ausgaben der Rentenversicherung zu senken. Daher müssen wir Stellschrauben betätigen, die die Einnahmeseite der Rentenversicherung erhöhen.
Ein stabiles Rentensystem fängt auf dem Arbeitsmarkt an. Denn eine hohe Erwerbsbeteiligung sowie eine niedrige Arbeitslosigkeit in Verbindung mit gut ausgebildeten produktiven Arbeitnehmer*innen und guten Löhnen sind das Beste für die Rentenversicherung. Dabei sollten wir uns nicht auf die Erhöhung des Beschäftigungsvolumens von Vollzeitbeschäftigten oder Personen jenseits der Regelaltersgrenze konzentrieren sondern wir müssen die bislang ungenutzten Erwerbspotentiale unter Personen im erwerbsfähigen Alter erschließen: junge Menschen ohne Schulabschluss oder abgeschlossene Berufsausbildung, Frauen, die mangels fehlender Betreuungsmöglichkeiten weniger arbeiten, Schaffung von mehr sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und altersgerechte Arbeitsplätze, damit mehr Menschen bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können.
Ein weiterer wichtiger Weg wäre, den Versichertenkreis in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erweitern. Das würde nicht nur die Einnahmebasis stärken, sondern auch das deutsche Alterssicherungssystem gerechter machen. Einbezogen werden sollten Abgeordnete - auch als Vertrauenssignal an die Bevölkerung -, Selbständige, wovon insbesondere jene, die bislang nur unzureichend abgesichert sind, im Alter profitieren würden, sowie Arbeitnehmer*innen in kammerfähigen Berufen, die sich bisher von der Versicherungspflicht befreien lassen können.
Zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigung könnte entstehen, wenn Minijobs in reguläre Arbeitsverhältnisse umgewandelt. Zudem würde eine gezielte Arbeitsmigration nicht nur helfen den Fachkräftebedarf zu decken, sondern auch die Einkommensbasis der Rentenversicherung stärken.
Als dritte zentrale Stellschraube muss der Bund seine Einnahmen erhöhen. Angesichts der bevorstehenden großen Herausforderungen – wie die stark steigenden Verteidigungsausgaben, der Klimawandel oder die marode Infrastruktur – kann sich der Bund keine Steuersenkungen oder Steuergeschenke leisten. Stattdessen muss er dafür sorgen, dass hohe Einkommen und Vermögen stärker zur Finanzierung der Staatsaufgaben herangezogen werden.